Einsamkeit ist ein Gefühl – und nur zusammen kann man etwas dagegen tun

 

Etwa jeder Dritte in Deutschland fühlt sich zeitweise einsam. Michaela bringt solche Menschen zusammen
Was es bedeutet, einsam zu sein, weiß Michaela Natea aus Dresden gut. Wie 20 Prozent der Deutschen, die einer Umfrage zufolge chronisch einsam sind, vermisste auch die 68-jährige Rentnerin die Gesellschaft anderer Menschen – und gründete deshalb eine Selbsthilfegruppe in Dresden. Nach einem kurzen Zwischenspiel in Wismar, wo sie ebenfalls eine Gruppe etablierte, nahm sie 2023 den Faden in Dresden wieder auf. Mittlerweile kommen rund 80 Menschen in mehreren Gruppen regelmäßig zusammen, verreisen gemeinsam, wandern, machen Ausflüge oder Spielenachmittage. Michaela sagt: „Ich bin stolz auf alle, die den Weg in die Gruppen finden. Die, die aufstehen und kommen, sind Heldinnen und Helden.“
Schon bevor durch die Corona-Pandemie Einsamkeit ein präsenteres Thema wurde, fand Michaela den Mut, es anzusprechen – und auszusprechen. „Es geht nicht nur darum, Leute zu treffen, um mit denen ins Kino zu gehen“, erklärt die ehemalige Pädagogin und Altenpflegerin. Danach sei man ja wieder allein. „Einsamkeit ist ein Gefühl – wer sich einsam fühlt, muss emotional abgeholt werden“, betont sie.
Die Nachfrage ist enorm, neue Gruppen sind geplant
Daher sei Offenheit wichtig, auch wenn es keine Rolle spielt, warum jemand einsam ist. „Bei uns muss sich niemand erklären“, sagt sie. Dennoch seien die Kerngruppen wie eine Familie, die großen Gruppen wie Treffen mit entfernteren Verwandten. Die Ehrlichkeit, sich zu dem Gefühl zu bekennen, legt den Grundstein. Michaela benutzt nur den Begriff Alleinlebende, nie Alleinstehende. „Das klingt wie in der Ecke stehen, aber wir leben ja, und wir leben gut.“ In ihren Gruppen sind Freundschaften entstanden, sogar ein Liebespaar hat sich gefunden. Religiöse und politische Streitereien sind tabu. Manchmal, wenn Menschen schwerwiegendere psychische Probleme haben, hilft sie, die passenderen Ansprechpartner zu finden.
Michaelas Wunsch: mehr Beachtung für das Thema Einsamkeit von staatlicher Seite. Sie selbst hat tolle Unterstützung gefunden: In Dresden steht die Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen (KISS) hinter ihr, stellt z. B. Räumlichkeiten im Rathaus zur Verfügung. Die Nachfrage ist da: In ihre Gruppen kommen Menschen von Mitte 30 bis über 80, dazu ist ein Angebot speziell für jüngere Menschen in Arbeit. Für Michaela sind die Treffen jedes Mal ein emotionales Fest, sagt sie – voller Freude.

Uta Paulus