Ulis Erfindung kann Leben retten

Immer wieder kommt es zu Abbiege-Unfällen, oft mit tödlichen Folgen. Dabei gibt es eine Lösung 

Die 13-jährige Schülerin Trixi fuhr 1994 in Murnau (Bayern) auf dem Radweg nach Hause. Ihre Ampel zeigte Grün. Aber auch der Betonmischer-Fahrer hatte Grün. Sie wollte geradeaus. Er wollte rechts abbiegen. Er sah sie nicht im toten Winkel, erfasste und überrollte den Teenager mit dem Hinterreifen – und bemerkte es nicht mal. Das Fahrrad brachte den Lkw-Reifen zum Platzen. Trixi überlebte schwer verletzt. 

Auch 30 Jahre danach leidet Beatrix, genannt Trixi, unter den Folgen. Jetzt bekam sie zum ersten Mal eine Kur von der Krankenkasse. Ihr Vater, Uli Willburger (75), Industrie-Kaufmann aus Seehausen (Bayern), bekam damals zu hören, dass man bei solchen Unfällen nichts tun kann. „Da packte mich die Wut“, erzählt er. „Toter-Winkel-Unfälle kommen ständig vor. Und da soll man nichts tun können?“ 

Uli Willburger konnte etwas tun. Er entwickelte den Trixi-Spiegel. Wenn der an einer Kreuzung hängt, sehen alle beim Abbiegen, was im toten Winkel los ist. Auch die Radler sehen, was auf sie zukommt. Günstig ist er mit rund 75 Euro obendrein. Einfach genial. Hängt der Spiegel seitdem überall, wo es gefährlich werden könnte? In Basel ja. In Freiburg auch. In Hannover, Nordenham und Hameln vereinzelt. 700 Stück in München. Sonst kaum. Oder haben Sie mal einen gesehen? 

Mit 70 Jahren stieg Uli noch selbst auf die Leiter 

Die Unfallzahlen sinken, wenn es einen Spiegel gibt. Aber fast überall, wo Uli Willburger mit dem Trixi-Spiegel auftauchte, stieß er auf Bedenken. „Was, wenn wir verklagt werden, weil an einer Kreuzung keiner hängt?“, hörte er im Hamburger Rathaus. Dann lieber gar keinen aufhängen. Und jedes Jahr steigt die Zahl der Radfahrer, die im toten Winkel von einem Lkw erfasst und getötet werden. 

In München sammelte Radio Gong 2019 Geld für 1000 Spiegel. Innerhalb von zwei Wochen kamen über 100000 Euro zusammen, genug für doppelt so viele Spiegel. Moment, das reicht nicht, sagte die Stadt München, allein das Aufhängen koste schon 400 Euro. 

Aber Uli Willburger ließ sich nicht aufhalten. „Buben, wer macht mit?“, fragte er beim Stammtisch. Sie luden Spiegel, Leitern, Schrauben in ihre Autos und fuhren nach München. 700 Spiegel haben sie aufgehängt. Ein Busfahrer hielt mitten auf der Kreuzung und stieg aus. Was ist jetzt los?, fragten sich die Seehäuser. „Buabn, es ist super, was ihr da macht!“, rief der Mann. Auch er hat jetzt beim Abbiegen eine Sorge weniger. 

 

Fotos: Angelika Jakob

Uli Willburger